Scheitelpunkt Scharmützelsee - Berliner Ansichten
Eine Reise auf den Gewässern in und um Berlin wird zum unvergesslichen Erlebnis
Die
abwechslungsreichen Binnenreviere in und um Berlin mit einer Motoryacht
zu erkunden, gilt fast schon als Pflichtprogramm eines jeden deutschen
Tourenskippers. Wir haben eine reizvolle Törnvariante ausgewählt, die
einen Abstecher ins Regierungsviertel beinhaltet.Seit
der Wiedervereinigung hat der Wassersport im Osten Deutschlands eine
rasante Vorwärtsentwicklung genommen. Die Gründe dafür liegen vor allem
an der behutsamen, aber doch zielgerichteten touristischen Erschließung
der weitläufigen Gewässerlandschaften, einhergehend mit einer enormen
Verbesserung der über Jahrzehnte vernachlässigten Infrastruktur. Einen
nicht unerheblichen Anteil am „maritimen Aufschwung Ost" muss man den
zahlreichen Charterfirmen zubilligen, die sich unmittelbar nach der
Wende anschickten, zuerst sporadisch, dann aber massiv in den Kauf von
geeigneten Schiffen und in den notwendigen Aus- oder Neubau der
Hafenanlagen zu investieren. Inzwischen haben die meisten Anbieter
recht ansehnliche Leihboote im Sortiment, mit denen auch weniger
versierte Skipper auf Anhieb zurechtkommen. Einen exzellenten Ruf
genießt die im brandenburgischen Töplitz ansässige Firma Yacht Charter Heinzig,
die zu Beginn der Saison 2007 ihr 10-jähriges Bestehen feierte.
Sämtliche 24 Motoryachten in Längen von 8,50 bis 13,00 m stammen aus
niederländischer Produktion, das durchdacht konfigurierte und sehr
komfortabel abgestimmte Equipment der stählernen Verdränger verdient
ohne Ausnahme das Prädikat „Spitzenklasse". Vor der Übernahme seiner
Boote, die entweder in Töplitz oder ab der firmeneigenen Charterstation
im mecklenburgischen Plau
erfolgen kann, verlangt Inhaber Wolfgang Heinzig (60) im Regelfall
einen Befähigungsnachweis in Form des amtlichen Sportbootführerscheins
„Binnen". Sondervereinbarungen sind jedoch prinzipiell möglich, die
Konditionen werden auf Anfrage mitgeteilt.
Schwimmendes Domizil in Berlin
Kurzer Zwischenstopp in der Schleuse bei Königswusterhausen
Unser schwimmendes Domizil für die kommenden fünf Tage ist eine brandneue
Gruno 38 Royal
mit den Maßen 12,15 x 3,80 m. Das für eine bis zu sechsköpfige Crew
ausgelegte Schmuckstück wird von einem 110 kW (150 PS) leistenden
Iveco-Diesel angetrieben und erreicht rund acht Knoten Maximalfahrt.
Nach Erledigung der Übergabeformalitäten in der Töplitzer Ringel Marina
verstauen wir unser Gepäck, nehmen Proviant und andere Utensilien an
Bord und laufen am frühen Nachmittag mit randvoll bebunkerten Tanks aus.
Angemerkt sei, dass der „Scheitelpunkt" des Törns eigentlich erst seit
zwei Minuten feststeht. Laut einstimmigem Beschluss der aus fünf
Personen bestehenden Besatzung soll es bis zum Scharmützelsee gehen,
der südöstlich von Berlin im labyrinthartigen Oder-Spree-Seengebiet
liegt. Brandenburgs größter See mit lediglich 8,80 m durchschnittlicher
Wassertiefe hat eine Fläche von immerhin 12,5 km2. Die Wetteraussichten
sind eher trübe, zudem müssen wir Ende der Woche zurück sein, weil
unsere „Nachmieter" sicherlich nur ungern auf die Bereitstellung ihres
reservierten Schiffes warten wollen.
Stippvisite in Potsdam
Bootsausflügler bei Caputh, dem einstigen Sommersitz Albert Einsteins
Über
den Kleinen und Großen Zernsee und vorbei an der sehenswerten
Blütenstadt Werder gelangen wir auf den riesigen Schwielowsee. An
Steuerbord fällt uns die schneeweiße Fünf-Sterne-Hotelanlage „Resort
Schwielowsee" ins Auge, der angegliederte Schlosshafen Petzow mit dem
schicken Bistro-Cafe „Ernest" wird die erste Anlegestelle unserer
„Saphir". Gleich nach der Kaffeepause nehmen wir Kurs auf Caputh, dem
einstigen Sommersitz Albert Einsteins. Die trichterförmige Fahrrinne
führt nach Nordosten, und zwar hinein in den Templiner See. Nach etwa
zweieinhalbstündiger Fahrt erreichen wir, querab der Landzunge
Hermannswerder, den Yachthafen
Potsdam.
Leider scheint die beliebte Anlage schon so gut wie ausgelastet zu
sein. Folglich dampfen wir weiter und nähern uns dem kulturhistorisch
faszinierenden Potsdamer Stadtgebiet, das mit berühmten
Sehenswürdigkeiten wie dem Schlosspark Sanssouci, der gewaltigen
Nikolaikirche oder dem barocken Rathaus in der Altstadt lockt. Schräg
gegenüber des Flatowturms und des unter Denkmalschutz stehenden
Babelsberger Schlosses wird ein gemütlicher kleiner Gasthafen erspäht,
den wir angesichts der rabenschwarz aufziehenden Gewitterfront
unverzüglich ansteuern. Die netten Betreiber, Andrea Burchardi und Bernd
Taborsky, assistieren beim eiligen Festmachen und haben sogar noch
einen heißen Restaurant-Tipp in der Hinterhand. Nur einen Steinwurf
neben ihrer „Marina am Tiefen See" und angrenzend an das futuristisch
anmutende Hans-Otto-Theater, kann man in der uralten Zichorienmühle des
In-Italieners „II Teatro" original sizilianische Köstlichkeiten
verspeisen.